Geschichte des Bischof Ketteler-Hauses in Dieburg
DasBischof Ketteler-Haus wurde als Schülerkonvikt (Internat) am 11. November 1869 von dem damaligen Mainzer Bischof, Wilhelm Emmanuel von Ketteler, eingeweiht und bereits drei Jahre später wegen des großen Andrangs baulich erweitert. 1876 musste das Konvikt aufgrund des Kulturkampfes schließen und öffnete erst 1889 wieder seine Pfor-ten. In dem Haus lebten bis zu 120 Schüler, die von hier aus das Städtische Gymnasium besuchten. 1938 schlossen die Nationalsozialisten das Konvikt ein zweites Mal – es diente bis zum Kriegsende als Reservelazarett. 1948 nahm das Konvikt seine Arbeit wieder auf und erhielt als „Alfred Delp-Schülerheim“ den Namen seines prominentesten Bewohners, des 1945 in Berlin-Plötzensee hingerichteten Jesuitenpaters Alfred Delp; Delp hatte von 1922 bis 1926 im Konvikt gelebt.
Wegen der geänderten Bildungslandschaft – inzwischen waren Gymnasien fast überall erreichbar – verlor das Bischöfliche Konvikt Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre zunehmend an Bedeutung und wurde deshalb 1975 geschlossen. Von 1975 bis 2002 war das Gebäude das Exerzitienhaus der Diözese Mainz; seit 2003 ist die Exerzitienarbeit des Bistums Mainz auf dem Binger Rochusberg angesiedelt.
„Wir führen das Ketteler-Konvikt wieder seinem ursprünglichen Sinn zu“
Dieburger Konvikt wird Zweigstelle der Bischof Ketteler-Schule in Klein-Zimmern Dieburg.
Das seit acht Jahren leer stehende Bischöfliche Konvikt in Dieburg wird eine Zweigstelle der zum St. Josephshaus in Klein-Zimmern gehörenden Bischof Ketteler-Schule. Neben dem Schulbetrieb wird es außerdem ergänzende erzieherische Angebote im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe geben. Das gaben der Mainzer Generalvikar, Prälat Dietmar Giebelmann, und Domkapitular Prälat Hans-Jürgen Eberhardt, Dezernent für Caritas und Soziale Arbeit im Bistum Mainz, gemeinsam mit dem Dieburger Bürgermeister, Dr. Werner Thomas, auf einer Pressekonferenz im Dieburger Rathaus am Mittwoch, 18. November, bekannt.

An der Schule sollen hochbegabte Jungen und Mädchen unterrichtet werden, die trotzdem Schulversager und -abbrecher sind und intensiv pädagogisch betreut werden müssen. „Es sind Schüler, die jahrelang keine Schule besucht haben und trotz ihrer hohen Begabung ihr Potenzial nicht umsetzen konnten“, sagte Gerald Weidner, Leiter des St. Josephshauses. Für diese Schüler gebe es in Deutschland so gut wie keine entsprechenden pädagogischen Einrichtungen. Einzig die Oswald von Nell-Breuning-Schule in Offenbach, eine Einrichtung des Theresien Kinder- und Jugendhilfezentrums e.V., kümmert sich um diese Kinder. An der Schule werden 148 Kinder unterrichtet, und es gebe weiterhin eine große Nachfrage nach Plätzen, sagte Rainer Wolf, Geschäftsführer des Theresien Kinder- und Jugendhilfezentrums. Daher wird das St. Josephshaus beim Aufbau der Schule in Dieburg auch mit der Offenbacher Einrichtung kooperieren. Die Leitung der neuen Schule – auch sie wird Bischof Ketteler-Schule heißen – wird die Schulleiterin der Klein-Zimmerer Ketteler-Schule, Anna Meißner, übernehmen.
Giebelmann sagte weiter, dass der Schulbetrieb Ende 2011 aufgenommen werden solle. Mit der Eröffnung der Schule werde das Gebäude „wieder seinem ursprünglichen sozialen Zweck zugeführt“. Zukünftig sollen bis zu 40 Kinder und Jugendliche in der Schule unterrichtet werden und dort auch wohnen. Mit der Schule erhalte die Stadt Dieburg „ein Alleinstellungsmerkmal“. Der Park des Konviktes werde „Teil des pädagogischen Kon-zeptes“, solle aber auch der Öffentlichkeit zugänglich sein, sagte Giebelmann. Insbeson-dere bei der Wiederherstellung der Parkanlagen hoffe man auf die Unterstützung der Stadt Dieburg. Domkapitular Eberhardt wies darauf hin, dass das Finanzierungskonzept in Erarbeitung sei, man gehe derzeit von einem Kostenrahmen von rund fünf Millionen Euro aus. Allerdings sei die „Schadensaufnahme am Gebäude noch nicht abgeschlossen“.